Dealen mit dem Kosmos

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“Du musst nur drauf vertrauen, dann bekommst Du es schon!” “Du musst nur dran glauben und es wird sich erfüllen.” Diese Binsenweisheiten machen mich immer wieder ärgerlich. Insbesondere wenn sie von Leuten vorgebracht werden, auf die ich große Stücke halte. Denn in Ihnen liegt etwas unwahrhaftiges. Zum einen sind diese Aussagen schlichtweg naiv. Sie führen auf falsche Fährten und geben den Eindruck man sei selbst alleinverantwortlich für sein Schicksal. Gleichzeitig führen Sie unser Ego in Verwirrung: kann ich alles haben, bekommen und erreichen, wenn ich einfach darauf vertraue und es mir wünsche?

Hinter diesen Binsenweisheiten steht eine Erfahrung, die nicht falsch ist: die Erfahrung, dass wir mit unseren Gedanken Einfluss auf unser Schicksal haben und das Vertrauen eine hohe spirituelle Kraft und Einsicht darstellt. Aber Vertrauen worauf? Dass wir reich werden? Bestimmt nicht! Dass wir einen Parkplatz finden? Wohl kaum!

Wer solche Kausalzusammenhänge bildet, vertraut nicht, sondern dealt mit dem Kosmos (oder Gott, oder dem Schicksal). Wer glaubt, dass Vertrauen oder Glauben ein sicherer Weg sind etwas zu bekommen wonach einem der Sinn steht, der dealt. Ein Deal ist aber nicht Ausdruck von Vertrauen. Er ist das Gegenteil. Ein Deal legt Regeln fest, an die beide Seiten gebunden sind. Die Regel ersetzt das Vertrauen. Doch mit dem Kosmos lässt sich nicht dealen. Wer es dennoch versucht wird schnell eines besseren belehrt.

Wer wirklich vertraut, hält seine lautere Intention aufrecht, und ist bereit anzunehmen, was geschieht. Vertrauen liegt gerade im Versuch nicht Einfluss zu nehmen, nicht zu manipulieren. Vertrauen wir bei klarer Intention, dann geben wir dem Kosmos Raum für Inszenierungen, die uns tatsächlich helfen und uns weiterbringen aber so, dass wir trotzdem nicht an unseren eigenen Themen und Prozessen vorbeikommen.

Ein Freund von mir wünschte sich jahrelang, dass seine Freundin humorvoller sein könnte. Er hatte Angst, dass er Humorlosigkeit auf Dauer nicht erträgt und er war voller Vertrauen, dass seine Freundin es eines Tages humorvoller werden würde. Tatsächlich hatte er bald eine humorvolle Freundin, aber eine andere. Er hatte sich in eine Frau verliebt, die genau den Humor hatte, den er sich immer von seiner alten Freundin gewünscht hatte. Seine Angst nicht mit einer humorlosen Frau leben zu können blieb ihm allerdings.

Ein anderer Freund war in vollem Vertrauen, dass er genug Geld bekommen würde, um seine Doktorarbeit zu beenden. Er hatte sich ausgemalt, dass er das Geld irgendwie einfach verdienen oder gewinnen könnte. Er bekam sein Geld – allerdings geliehen. Seinem Zweifel, ob er seinen eigenen Lebensunterhalt finanzieren könne, musste er weiterhin begegnen.

Vertrauen ist immer ein Sich-hingeben. Das Vater Unser hält eine klare Formel für echtes Vertrauen bereit: Dein Wille geschehe! Dieser Satz ist für mich echter Ausdruck von Vertrauen. Ob Christ oder nicht: er ist ein Mantra, eine Affirmation für alle, die Vertrauen wollen ohne zu manipulieren.