Vertrauen und Zutrauen

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“Ich vertraue Dir”, sind vielleicht die schönsten Worte nach “Ich liebe Dich”. Doch auch in Ihnen schlummern heimtückische Botschaften. Während “Ich liebe Dich” auch heißen kann: “Ich lasse Dich nicht gehen”, “Ich lasse Dich nicht sein”, “Ich brauche Dich” oder “Ich binde Dich an mich”, steckt in “Ich vertraue Dir” oft gerade auch das Misstrauen. Manchmal können die Worte sagen: “Ich kontrolliere Dich”, “Ich will wissen, was Du tust”, “Ich habe Erwartungen an Dich”.

Dem Vertrauen liegt nicht selten eine Verwechslung zu Grunde, nämlich die mit dem Zutrauen. “Ich vertraue Dir, dass Du das kannst” ist oft nur eine schöne Umschreibung von “Ich traue Dir zu, dass Du das kannst”. “Ich vertraue Deiner Entscheidung” heißt nicht selten “Ich traue Dir zu, dass Du nach meinen Erwartungen entscheiden wirst”. Während das Zutrauen einen Konjunktiv zum Ausdruck bringt, der etwas antizipiert, das in einem kalkulierbaren, risikolosen Rahmen bleibt, benötigt das Vertrauen das volle Risiko und die volle Hingabe. Das echte “Ich vertraue Dir, dass Du das kannst” schließt die Bereitschaft ein, sich dem Risiko auszusetzen, das entsteht, wenn man den anderen tatsächlich nach seinem jeweiligen Können machen lässt, ohne die Kontrolle über die Resultate behalten zu wollen. Das echte “Ich vertraue Deiner Entscheidung” schließt den positiven Glauben ein, dass auch dann, wenn man selbst anders entschieden hätte, diese Entscheidung in beider Sinne getroffen wurde und man sich ihr überlassen kann. In allen Fällen des echten Vertrauens muss der Vertrauen Schenkende sich öffnen können, sich auf nicht berechenbare Konsequenzen einlassen, sich neuen Erfahrungen hingeben können, Kontrolle über die Situation abgeben. Alles andere ist bloßes Zutrauen.