Fake News erkennen

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Mit einfachen Kriterien Klarheit erlangen

Letzte Woche kam unsere Tochter aus der Schule. Sie hatte in Werte und Normen gelernt, dass alle Nachrichten, die wir lesen, nur von wenigen Agenturen geschrieben werden, und dass wir auf diese Weise mit Falschinformationen versorgt werden. Als Quelle für diesen Unterricht gab der Lehrer eine neu veröffentlichte Studie „Der Propaganda-Multilikator“ an (dazu in nächsten Beitrag mehr).

Was auf den ersten Blick wie wohlmeinende Medienaufklärung eines engagierten Lehrers klang, entpuppte sich bei näherem Nachfragen, Nachlesen und Recherchieren selbst als Propaganda und Fake, die der Lehrer wahrscheinlich nicht als solche erkannt hatte. Unsere Tochter war verwirrt: auch Sie hatte von Fake-News gehört und war nun schwer verunsichert, wem sie was überhaupt noch glauben kann. Wenn nicht mal die Schule im Stande ist, ihr eine klare Orientierung zu geben um zwischen richtig und falsch zu unterscheiden, ist die Desorientierung groß.

Ich möchte in diesem Beitrag allen, die momentan verunsichert sind, einfache Kriterien vermitteln für sich selbst zu entscheiden, wem man glauben kann. Im nächsten Beitrag werde ich mir die oben genannte Studie an Hand dieser Kriterien und weiterer Aspekte vornehmen. Ich freue mich wenn dieser Text geteilt wird und vielleicht auch anderen Eltern hilft, ihren Kindern eine entsprechende Medienorientierung zu vermitteln.

Wie entscheide ich, welcher Nachricht ich glauben kann?

1. Urheber

Jede seriöse Nachricht hat einen Urheber und damit einen für den Inhalt und die Meinung Verantwortlichen. Das kann ein Mensch oder eine Institution sein. Im Idealfall ist dieser Urheber ein einzelner Autor oder eine Autorin mit Kontaktdaten, so dass man Fragen zum Inhalt der Nachricht stellen kann. Die Angabe eines Urhebers macht eine Nachricht noch nicht zu einer richtigen oder gar „wahren“ Nachricht, aber sie wird dadurch glaubhaft und transparent. Nachrichten ohne Angabe von Urheber oder Herkunft sollte man dagegen grundsätzlich ablehnen und anzweifeln. Wer hinter seinem Werk steht, steht auch zu seinem Werk.

2. Quellen

Jede seriöse Nachricht gibt ihre Quellen an. Eine Quelle macht eine Nachricht noch nicht zu einer richtigen Nachricht, aber im Idealfall ermöglicht mir die Quelle, dem Ursprung der Nachricht nachzugehen und mir selbst ein Bild zu machen. Das ist heute schon häufig mit einigen Klicks und ein wenig Recherche getan. Nachrichten ohne Quellen ist grundsätzlich zu misstrauen. Sind Quellen angegeben und bestehen Zweifel, sollte man diesen Quellangaben ruhig mal folgen und sie überprüfen.

3. Trennung von Nachricht und Meinung

Eine Nachricht ist erst einmal die Wiedergabe von Fakten. Fakten sind Tatsachenbeschreibungen: „ein Flugzeug ist abgestürzt“, „ein Präsident wurde gewählt“, „der Goldkurs ist gefallen“. Seriöse Berichterstatter machen kenntlich, was ein Fakt ist (mit Quelle) und wann sie Meinungen oder Vermutungen äußern. Sie sagen z.B.: „der mutmaßliche Grund für den Absturz war eine Bombe“ um zu zeigen, dass man noch nicht sicher sein kann. Zudem gibt es unterschiedliche Medienformate: eine Nachricht sollte keine Meinungen beinhalten. Kommentare hingegen bestehen fast ausschließlich aus Meinung. Nachrichten, in denen es eine nicht deutliche gemachte Vermischung aus Fakten und Meinungen gibt, sollte man mit höchster Skepsis begegnen.

4. Freies Denken

Jede Nachricht beeinflusst uns in unserem Denken und Handeln. Man sollte grundsätzlich den Nachrichten eher trauen, die zum eigenen Denken auffordern und verschiedene Positionen gegeneinander abwägen und vergleichen.  Auch wenn in der Nachricht ein eigener Schluss gezogen wird, sollte sie so geschrieben sein, dass ich als Leser auch die Möglichkeit habe eine andere Haltung einzunehmen. Jede Nachricht, die nur eine Wahrheit gelten lässt und eigene Annahmen nicht in Frage stellt, ist weniger glaubwürdig und seriös als eine Nachricht, die mir hilft, mir ein eigenes Bild und eine eigene Meinung zu verschaffen.

5. Wirkung

Am Ende sollte ich immer danach fragen, welche Wirkung eine Nachricht hat: wem hilft sie und wem schadet sie, wem verschafft sie mehr Macht, Ansehen und eventuelle Vorteile und wen diskreditiert sie (wem nimmt sie Glaubwürdigkeit)? Fake-News werden ja nicht geschrieben, um zu informieren, sondern um eine Wirkung zu erzeugen: um Menschen zu empören, Ihnen Angst zu machen, um sie gegen andere aufzuwiegeln etc.. Mit ein bischen Übung kann man diese Wirkung oft zwischen den Zeilen erkennen. Nachrichten, die deutliche Wirkung erzielen wollen ist eher zu misstrauen, als Nachrichten, die aufklären und informieren wollen.

6. Institution und Medien

Nachrichten werden von unterschiedlichen Institutionen und Medien veröffentlicht. Es hilft sich grundsätzlich zu überlegen, welchen Institutionen man trauen kann und welchen nicht. Das ist nicht einfach, und in der Tat ist bei vielen Medien eine gesunde Skepsis und kritische Distanz angebracht. Keine Institution ist vollständig unabhängig oder immun gegen Missbrauch. Während kleine Medien häufig unabhängiger sind, sind große Medien stärker kontrolliert:  institutionell und öffentlich. Insbesondere große Medieninstitutionen haben Reputation und Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie zu offensichtlich Meinung beeinflussen oder Flaschmeldungen produzieren. Kleinere Medien nehmen für sich in Anspruch, unabhängiger zu sein, allerdings ist ihre Selbstkontrolle auch nicht so groß. Grundsätzlich lohnt es sich zu fragen: Handeln die Medien offen und transparent, halten sie sich an klare Regeln und Grundsätze , haben sie eine eigene politische Agenda, werden Sie kontrolliert und wenn ja, von wem?

Ich persönlich empfehle eine gute Mischung aus liberalen Mainstreammedien, unabhängigen Zeitschriften und ausgewählten Internetseiten. Ich warne vor Medien, die direkter staatlicher oder privater Kontrolle unterliegen oder offen politische Arbeit betreiben. Das deutsche System öffentlich-rechtlicher Medien ist nicht optimal und sollte immer durch unabhängige Medien ergänzt werden. Allerdings können wir in Deutschland froh sein, dass unsere öffentlich-rechtlichen Medien nicht einem direkten staatlichen Zugriff durch einen Präsidenten oder einem privaten Zugriff durch einen einzelnen Unternehmer (oder beides in Personalunion) ausgesetzt sind, wie es in manchen anderen Ländern der Fall ist.

7. Soziale Medien

Erreichen uns Nachrichten über soziale Medien, sollten wir auch dann kritisch bleiben, wenn uns diese von Freunden weitergeleitet oder von diesen geliked wurden. Ich empfehle jede Nachricht auf Ihrer Ursprungsseite zu lesen. Dort finden wir wichtige Angaben und können uns ein Bild von der jeweiligen dahinterstehenden Institution oder Person machen. Weiterleiten und liken sollten wir grundsätzlich nur solche Nachrichten, die wir vollständig gelesen haben und selbst einer kritischen Prüfung unterzogen haben.

Zusammenfassung

Wann kann ich daher einer Nachricht Vertrauen schenken?

Wenn Sie einen kontaktierbaren Autor benennt, ihre Quellen offen legt, Fakten und Meinungen trennt und mir hilft, mir selbst ein Bild zu machen. Sie sollte informieren, statt Wirkung zu erzielen und von einer seriösen Person oder Institution herausgegeben worden sein.

Fake-News erkenne ich hingegen, wenn Autor und Quelle unzureichend oder gar nicht genannt werden, wenn Binsenwahrheiten oder Propaganda verbreitet wird, die mich nicht zum Denken anregt, sondern mich emotional zu beeinflussen versucht. Wenn diese dann auch noch von staatlich oder privat gelenkten Medien kommen oder gar keiner erkennbaren Institution zuzuordnen sind, ist höchste Skepsis angebracht.

Am Ende hilft es immer ein wenig Recherchezeit zu investieren und vor allem mit Menschen die gut gebildet sind und zu denen man Vertrauen hat, über die Nachrichten zu sprechen.